Gleich am ersten Tag startete ich morgens früh durch schönen Bergwald in Richtung Tulperhof. Diesen Berggasthof (bis hierher auch Fahrgelegenheit) erreichte ich nach einer knappen Stunde ziemlich steilen Anstiegs. Ich verweilte jedoch nicht, sondern ging gleich weiter durch den Bergwald hinauf in Richtung Lüsener Alm. In einer Höhe von ungefähr 1800 Metern gab mich der Bergwald (bestehend aus Fichten und Zirben) dann frei. Die Lüsener/ Rodenecker Alm, diese weite freie Hochfläche, war erreicht. Es gab erste schöne Bergblumen wie etwa den stängellosen Enzian zu bestaunen. Und zum ersten Mal war auch der Peitlerkofel (2874 m) in seiner ganzen Pracht zu sehen. An ihm hatte es in dieser frühen Jahreszeit noch ziemlich viel Schnee. Aber hier auf der Lüsener Alm war der Bergfrühling mit seiner besonderen Blütenpracht in vollem Gange. Übrigens hatte ich bis hierher kaum einen Menschen getroffen.
Inzwischen war es auch ziemlich heiß geworden. Nun ging es jedoch in recht moderatem Anstieg weiter bis zur Starkenfeld- Hütte (1938 m). Diese sah sehr einladend aus mit ihrem Gastgarten, der im Freien herrlich in der Sonne lag (samt Logenplatz vor dem Peitlerkofel). Eine urig- zünftige Südtiroler Berghütte.
Bis hierher hatte ich von meinem Quartier ungefähr zwei Stunden gebraucht. Aber ich wollte unbedingt gleich weiter zum Astjoch und mir die Einkehr für den Rückweg aufheben. Zuerst ging es leicht aufwärts nochmals durch Almgelände, das von einigen Bäumen bestanden war. Und dann kam der Schlussanstieg auf das Astjoch. Dieser war nochmals recht steil.
Das Astjoch ist übrigens kein "Joch" im Sinne eines Einschnitts, sondern ein deutlicher 2193 Meter hoher Berggipfel. Der Schlussanstieg (nochmals ca. eine halbe Stunde, knapp drei ab meinem Qaurtier) war nochmals etwas kräftezehrend. Aber dann hatte ich es geschafft: Das Astjoch mit seinem Gipfelkreuz (an dem ich mit der Hand anschlug; so mache ich das immer

Der Blick schweifte über die "Dolomitenprominenz" (Peitlerkofel, Geislerspitzen, Pragser Berge, Sextener mit dem Haunold und den Drei Zinnen) bis zum Großglockner, dem Großvenediger, den Villgratner Bergen, den Zillertalern (mit den vorgelagerten "Pfunderern") und den Stubaiern bis hin zu den Sarntaler Alpen. (Letztere sind für mich ein verstecktes "Juwel"; nicht überlaufen mit herrlichen Wanderrevieren direkt vor den Dolomiten). Auch das Pustertal von seiner Einmündung in das Eisacktal bis zur Grenze nach Österreich hinter Toblach lag vor mir wie ein großes aufgeschlagenes Buch. Oder kurz zusammengefasst: Die Aussicht sucht ihresgleichen; vor allem bei dem guten Wetter, das ich erwischt hatte!
Ich hatte auf dem Gipfel auch noch einige nette Begegnungen. Zum Einen war da die Südtiroler Familie, die ihre Pension für einige Tage geschlossen hatte (Betriebsferien). Und nun hatten sie eine Tour auf ihren Hausberg, das Astjoch übernommen: Opa, Oma, Vater, Mutter und die Enkelin (die aber auch schon um die 20 war). Mit ihnen kam ich sehr nett ins Gespräch. Genauso wie auch mit einem Südtiroler Wanderführer, der einige Senioren hier heraufgeführt hatte. Er war es auch, der mir mit großer Freundlichkeit das umfassende Bergpanorama erklärte. Ich kenne mich zwar alpingeographisch recht gut aus, aber er als Einheimischer wusste natürlich noch mehr.
Nach einer knappen Stunde Aufenthalt auf dem Gipfel machte ich mich an den Abstieg. Nach vielleicht einer knappen Stunde erreichte ich wieder die Starkenfeld- Hütte. Hier genehmigte ich mir im Gastgarten vor dem Peitlerkofel zwei Gläser Südtiroler Orangenlimonade (das Hefeweizen sparte ich mir für den Abend in der Pension auf). Dann ging es vollends an den Abstieg ins Quartier.
Der Rückweg erfolgte auf dem Anstiegsweg. Ich unternehme auch sehr gerne Rundwanderungen. Aber auch dann, wenn der Abstiegsweg gleich ist wie der Anstiegsweg, ergeben sich immer wieder neue Ausblicke...
Im Quartier angekommen (nach ca. 5 Stunden reiner Gehzeit) befreite ich mich erst mal von den Bergstiefeln (sie müssen sein, aber zu warme und eingesperrte Füße kann ich eigentlich nicht ab; Bergstiefel aus und dann barfuß im Pensionszimmer, das ist ein zusätzlicher Genuss...), duschte und fühlte mich danach in jeder Hinsicht rundum zufrieden. Dazu trugen auch die beiden Hefeweizen bei, die ich mir zum Abendessen schmecken ließ.
Fazit: Es müssen nicht immer die ganz hohen Gipfel sein. Und es gibt gerade auch in Südtirol herrliche Gebiete, die nicht überlaufen sind, aber einem trotzdem die großen und kleinen Freuden des Bergwanderns ermöglichen.