ich möchte Euch von meiner ersten Nachtwanderung berichten, welche ich, im Zuge meiner neuen Passion für persönliche Herausforderungen, auf mich genommen habe. Vor einem halben Jahr hat mich die Abenteuerlust schon mal dahingehend gepackt, dass ich mir mein Fahrrad geschnappt habe und in 6 Tagen von München nach Köln geradelt bin.
So aufregend und beeindruckend diese Reise auch war - besonders weil man so viel über sich selber erfährt und den Kopf freibekommt - werde ich dies NIE NIE NIE wieder tun!!
ALTER, was hat mir mein Arsch weh getan!!
Ja ja - man gewöhnt sich daran Bla Bla Bla - es ist nur am Anfang hart… Bla Bla Bla.
Ganz miese Propaganda-Scheiße!! Fallt da bloß nicht drauf rein!
Kurz um, Fahrrad-Abenteuer sind für mich gestorben - ebenso wie Teile meines Hinterns!
Also brauchte ich ein neues Ziel.
Auf Instagram stieß ich auf Fotos und Videos von Sonnenaufgängen in den Bergen, welche mir den Atem, vor majestätischer Schönheit, raubten.
Alles klar - da muss ich auch hin.
Ich bin kein Neuling, was das Wandern in den Bergen angeht - so habe ich doch schon etliche Touren hinter mir. Jedoch noch niemals in der Dunkelheit bzw. in der Nacht. Aber wie schwer kann das schon sein, dachte ich mir - zack Stirnlampe und Co bestellt und los ging es.
Um meine Chance zu erhöhen, den Sonnenaufgang alleine auf dem Gipfel erleben zu können (außerdem wollte ich niemanden mit meiner Drohne stören), suchte ich mir einen Berg ohne Lift und Hütte aus. Somit fiel meine Wahl auf den Bodenschneid, am Spitzingsee.
Ich entschied mich fürs Vorschlafen und stand um 1 Uhr nachts auf und machte mich auf den Weg. Der Sonnenaufgang war, laut Wetterbericht, für 7 Uhr morgens angesetzt.
Easy - das sollte locker zu schaffen sein.
Ich traf am Parkplatz so gegen halb drei ein und wurde schon etwas beunruhigt als ich dort einen parkenden Reisebus vorfand!!! Soviel zum Thema total abgeschiedener Berg. Klasse recherchiert Marco!
Egal, nur weil hier ein Bus steht, heißt das ja noch lange nicht, dass die alle auf meinen Berg wollen - schon gar nicht des Nachts!
Also marschierte ich los.
Hmmmm - leck mich am Arsch ist das unheimlich so ganz alleine. Besonders, wenn es dann durch waldige Gebiete geht und man sich gefühlt alle fünf Minuten in die Hose scheißt, weil es um einen herum andauernd knackst oder im Unterholz raschelt.
Hätte ich doch bloß niemals Blair Witch Project gesehen!!!
Aber mal von der Hosenscheißerei abgesehen, hat es irre Spaß gemacht, weil es einem eine noch ganze andere Seite des Wanderns aufzeigt. Noch nie habe ich so drauf geachtet wohin ich trete - um nicht in der Dunkelheit auszurutschen.
Gut - fairerweise muss man natürlich auch sagen, dass es ja nachts im Wald auch nicht viel anderes gibt, auf das man achten könnte bzw. sehen kann
Nebenbei bemerkt war mir auch nicht bewusst, dass Kühe nachts auch wach und aktiv sind. Jedenfalls fand ich so viele Kühe stehend und fressend auf den Weiden vor.
- Schon eigentlich erschreckend wie wenig man als Stadtmensch noch von der Natur weiß.
Mein Opa (war früher Bauer) würde sich in Grund und Boden schämen und mit den Augen rollen, wenn er mich und meine Fragen hier sehen würde!
Nachdem ich den Kühen als auch den gefürchteten Waldgeistern entgehen konnte (ich hatte sogar Pfefferspray dabei - man weiß ja nie, ob Bruno noch einen Bruder hat) näherte ich mich dem Gipfel so gegen 5 Uhr morgens und konnte mich an der phantastischen Aussicht erfreuen - NOT!
Stattdessen empfing mich das Gipfelkreuz mit eisigen Seitenwinden - die selbst durch meine, extra für den Trip erworbene, neue Softshell-Jacke durchpfiffen und mich entsetzlich frieren ließen. Nur der Betonklotz des Kreuzes bot ein bisschen Schutz vor den kalten Böen - hinter dem ich mich dann kauerte und wieder fragte, was zum Teufel ich hier nun wieder mache!
Doch als dann ab 6 Uhr langsam die Dämmerung einsetze wurde ich für alles entschädigt. Der Anblick, als ich zum ersten mal die Konturen, der gegenüberliegenden Berge, im noch ganz schwachen Morgenrot, ausmachen konnte überzog mich erneut Gänsehaut - aber diesmal nicht der Kälte wegen.
Ich habe schon viele Sonnenaufgänge erlebt, ebenso wie die Aussicht, mit der man belohnt wird, wenn man ein Berg in die Knie gezwungen hat und auf die Welt herabblickt.
Aber dies ist alle Kindergeburtstag, im Vergleich was mir jetzt dort geboten wurde - Wahnsinn!
Bei dem Anblick vergißt man alles um sich herum!
- Gut, bis auf die acht anderen Idioten, die sich jetzt auch neben mir auf dem Gipfel eingefunden haben und auch alle angepisst waren, dass sie nicht die einzigen hier sind.
Wie gesagt, klasse Recherche-Arbeit, Marco. Du bist einfach der Beste.
Aber egal. Das mir hier gebotene Schauspiel entschädigte mich dennoch für alles. Ich genoß den Augenblick noch eine Weile und fing ein paar Video und Fotos ein, bevor ich mich etwas vom Gipfel entfernte, um die Drohne noch aufsteigen lassen zu können.
Auch wenn es natürlich schöner gewesen wäre, ich hätte den Gipfel alleine vorgefunden, so war es dennoch ein unvergessliches Erlebnis und ein weiteres Abenteuer, das einem wieder einmal eine tolle Möglichkeit gab, dem Alltag für eine kurze Zeit zu entfliehen. Denn während man unten in Todesangst durch den creepy Wald läuft und um sein Leben bangt und hofft keinen Hexen oder anderen Monstern zu begegnen verschwendet man keine Sekunde an banale Gedanken oder an berufliche Probleme oder Termine.
Man lebt nur im hier und jetzt - und nur darum geht es doch!
Ich kann nur jedem ans Herz legen dies auch mal zu machen.
Das Gefühl, das einem beim Anblick des Sonnenaufgangs überkommt, ist unbeschreiblich erhaben und episch.
Ihr müsst es ja nicht so wie ich alleine machen. In der Gruppe ist es bestimmt weniger gruselig:)
Aber recherchiert besser als ich und sucht euch einen einsamen Berg

Falls jemand weitere Eindrücke von meiner Nachtwanderung haben möchte, ich habe meine gesamte Tour auf YouTube dokumentiert:
https://youtu.be/akdcIHRL1gw
Ich hoffe, ich konnte Euch ein bisschen inspirieren. Bin aber auch an Euren Erlebnissen interessiert.
Wer von Euch hat auch schon mal eine Nachtwanderung absolviert und/oder kann mir einen Tipp für einen einsamen Berg geben - für meine nächste Nachtwanderung
Jetzt hab´ ich Blut geleckt.
Freu mich auf Eure Antworten.
LG
Marco