Mitten im Juli 2018 reisten ein Bergfreund, Martin und ich an einem Freitagnachmittag los Richtung Zams, um ungebucht und mit Biwakausrüstung im Gepäck auf der Steinseehütte aufschlagen zu wollen. Oben sollte uns hoffentlich Alex in Empfang nehmen, der bereits schon am Freitag in aller Früh dort hin aufgestiegen war.
Die erste abenteuerliche Schlüsselstelle war noch erreicht, bevor wir das Auto verlassen konnten. Die Zufahrt zum Parkplatz der Steinseehütte ist eine schmale, sehr steile Schotterstraße, die mit so tiefen Schlaglöchern versehen ist, dass schon ein normal aufgebautes Fahrzeug teils aufsitzen könnte. Auf der einen Seite geht es so steil hinunter, dass es einem ganz schön bange werden kann.
Ich versuchte, das Auto in der Bahn zu halten und den tiefsten Löchern auszuweichen, gleichzeitig hoffte ich, dass niemand von oben herunter kommen würde. Währenddessen unterstütze Martin mich mental kräftig, sodass wir nach gefühlt einer halben Ewigkeit endlich den Parkplatz erreichten. Puh, das war krass…Ein kurzer Check: Alle vier Räder waren noch dran…*lach*
Noch bei gutem Wetter ging‘s rasant der Hütte entgegen und so hielten wir trotz Stau in der Anfahrt die geplante Ankunftszeit ein. Es gab tatsächlich noch zwei freie Plätze für uns und Alex war auch rasch im Getümmel von Leuten lokalisiert. Somit konnten wir die Nacht gemeinsam unter dem Dach verbringen und nicht im Biwak

Samstag:
Die Wetterlage war nicht optimal, sodass wir schnell einen Plan B erarbeiten hatten. Dementsprechend kam es, dass wir drei am Samstag früh bereits um 6 Uhr an der Hütte durchstarteten. Vielleicht könnten wir noch vor dem großen Gewitter, das gegen 11 Uhr angesagt war, die Parzinntürme angehen?
Mit viel Regen, angebrachter Kleidung, einem Punkteschirm(!) (nicht meiner;) ) und super Laune ging es der Steinkarscharte entgegen. Schon kurz nach der Hütte durften wir den ersten Steinbock wenige Meter neben uns bewundern. Ansonsten hatten wir viel mit Alpensalamander-Ausweichmanöver zu „kämpfen“.
Der Finalanstieg zur Scharte war recht schnell erreicht, die dort angebrachten Drahtseile führten uns trotz Nässe gut und sicher nach oben.
Nebel schränkte die Sicht hier leider deutlich ein, immer wieder riss kurz eine Nebelbank auf. Sie gab uns den Blick auf die rassigen Parzinntürme frei und in der Ferne tauchte die Kogelseespitze auf. Schnell war klar, bei solch einem Wetter ist wegloses Gelände mit ungesicherten Kletterstellen keine gute Wahl. Also entschieden wir zunächst zum Gufeljoch abzusteigen, um dann die Kogelseespitze erklimmen zu können.
Am Joch angekommen ging‘s unschwierig auf den Gipfel. Oben herrschte eisigstes Wetter und das im Juli! Sodass wir mit Wintermütze, Daunenjacke, Handschuhe und selbstverständlich passend kombiniert mit kurzer Hose *brrr* eine Gipfelrast versuchten. Lange ging das nicht, denn es war so kalt, dass wir alle schnell entschieden wieder absteigen zu wollen. Zurück am Joch entdeckten wir doch tatsächlich drei Menschen unten am wunderschönen Gufelsee. Da, es schwamm sogar jemand darin. Verrückt, wirklich, einfach nur verrückt, bei dieser Kälte.
Unser Weiterweg ging jetzt hinab zur Hanauer Hütte, von warmer Suppe und Glühwein war die Rede. Glühwein gab es dann doch keinen, aber eine schöne heiße Suppe mit Knödel und Kaffee, mh, lecker. Hier hielten wir es länger aus und warteten den nächsten großen Schauer gemütlich ab.
Am Mittag wollten wir über die östliche Dremelscharte zurück Richtung Steinseehütte. Ein einsamer Weg in totaler Ruhe dort hinauf. So große Massive wie Dremelspitze oder die Hanauer Spitze ließen das Herz höher schlagen, dass schrofige Gelände ist einfach ein Traum hier.
Als wir uns bereits im Abstieg zum Steinsee befanden machten über uns die Wolken Platz. Gewitter sollte es wohl auch keines mehr geben, stattdessen strahlte die Sonne vom Himmel herab.
Das war eine Wohltat nach dem vielen Regen und dem Nebel. Am See angekommen begrüßten uns eine Herde Pferde mit allerhand Fohlen, die uns sogleich neugierig anstupsten und anzuknabbern versuchten.
So in der Sonne sitzend, mit leisem plätscherndem See vor einem, brach ein wenig die Müdigkeit über uns herein. Der frühe Start machte sich bemerkbar. Mit einem Auge schon fast schlafend, fiel mein Blick doch immer wieder auf die Dremelspitze. Schnell entfachte eine rege Diskussion über einen möglichen Aufstieg auf diese. Es juckte schon in den Fingern…Da Alex diese bereits bei bestem Wetter am Vortag bestiegen hatte, „mussten“ Martin und ich nun eine Entscheidung fällen. Ja, nein, vielleicht…Oder doch lieber den Bergwerkskopf(?)…der sieht auch hammermäßig aus.
Jedoch zeigten sich auch deutlich dunkle Wolken um uns herum und die Sonnenrast blieb nicht lange sonnig. Zügig zogen die Gipfel auch schon wieder zu.
Wir wollten kein Risiko mehr eingehen, beschlossen uns dann für den Hüttenabstieg mit anschließendem Chillen bis zum witzigen Hüttenabend mit netten Bekanntschaften.
Sonntag:
Diesmal schliefen wir schon fast aus, das war auch bitter nötig. Denn am Samstagabend war eine Partygruppe mit Musikbox auf der Hütte angekommen, diese verursachte Remmidemmi bis deutlich nach Mitternacht.

Leider zeigte sich auch heute das Wetter nicht von seiner besten Seite. Sodass wir mit schon bereits aufgesatteltem Rucksack unter dem Vordach stehend, sogleich wieder den Rückzug in die Hütte antraten. Der nächste große Regen fiel schon wieder.
Später machten wir uns dann doch noch auf Richtung Steinkarspitze und konnten an diesem Tag den Klettersteig fröhlich begehen. Heute sogar farblich komplett durchgestylt, vom Klettersteigset bis zur Mütze hatte Martin uns was voraus.
Nun, endlich, der Regen hatte bereits länger aufgehört gehabt und der Fels war zügig getrocknet. Eine tolle einsame Tour, bei diesem Wetter, im Aufstieg grüßten wir wieder den bekannten Steinbock vom Vortag und die Pferdeherde war nun auch herüber gekommen. Es bot sich hier wirklich schon fast eine Bilderbuchkulisse, mit blühenden Alpenrosen und allerhand anderer bunten Alpenblumen wie Teufelskrallen, Kohlröschen und Co. Gepaart mit den blonden Pferden und der atemberaubende Bergkulisse um uns herum - einzig die Sonne fehlte etwas.
Achso: etwas Blumenkunde durfte auf der Tour mit mir natürlich auch nicht fehlen. So kam es das Alex eine ganz neue Gattung beschrieb, die wohl leider einzig und allein nur für ihn sichtbar blieb. Jedoch lässt der Name schnell ein Bild entstehen: 5-stängelige-Nacktprimel. *lach* Mal sehen wann ich die mal entdecken kann?
Auf der Steinkarspitze hatten wir dann einen „tollen“ 360-Grad-Rundumblick, der das Kontrastprogramm zu allerhand Schwärmerei vom Aufstieg darstellte: Nebel wohin das Auge auch blickte!
Kurzer Gedanke an das Besteigen eines der Parzinntürme, nein, Wetter zu unbeständig. Also wieder hinab zur Hütte. Auf der Hälfte des Abstiegsweges nahmen wir plötzlich immer wieder kehrende kleinere Steinschlaggeräusche in der Ferne war: wir blickten umher.
Siehe, da…, es war unglaublich: weiter drüben entdeckten wir zwei kämpfende Steinböcke. Das heftige aneinander Donnern ihrer mächtigen Geweihe halte an den Felswänden wieder. Durch den Kampf lösten sie immer wieder im Geröll kleine Steinschläge aus. Ein Naturschauspiel mit Seltenheitswert, wie sich der eine immer wieder auf die Hinterbeine stellte, um dann rasant mit seinem Geweih auf den Gegner herunter zu knallen. Ein überraschender Anblick, sowas hatten wir alle noch nie erlebt. Alexs seiner Kamera mit gutem Zoom sei Dank, sodass wir das Ganze auch noch fotografisch festhalten konnten.
Gefühlt viel zu schnell standen wir schon wieder an der Steinseehütte und befanden uns im Abstieg zu den Autos. Schläfriges Schweigen stellte sich ein, die Tage hingen schon ein wenig in den Knochen, das war bei allen spürbar. Nach einem gutgelaunten und freudigen Abschied von Alex blieben Martin und ich zurück. Nun hieß es alle Kräfte nochmal zu mobilisieren, denn der Weg vom Parkplatz hinunter nach Zams stand ja noch bevor. Der ging aber doch viel einfacher als hinauf, den Schlaglöchern könnte meist geschickt ausgewichen werden, sodass ein völliges Umhergewerfe im Innenraum des Autos ausblieb.
Wir erreichten den Talort mit nur leicht stinkenden Bremsen und traten die lange Rückfahrt an.
Vielen Dank für dieses tolle, witzige Bergwochenende mit einzigartigen Anblicken, trotz schlechter Wetterlage super Laune bis zur letzten Minute.
VG Miri